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Vortrag Rankin 722   1Eine Einschätzung zu Joe Bidens bisheriger Amtszeit als US Präsident war eines der dringendsten Anliegen, das die Schülerinnen und Schüler der Englischkurse der Q11 an den ehemaligen US-Diplomaten Haywood Rankin hatten. In seinem 1,5 stündigen Vortrag ging der Amerikaner aber nicht nur auf den aktuellen Präsidenten der USA ein, sondern auch auf zahlreiche andere innen-, außen- und weltpolitische Fragen, welche den Schülerinnen und Schülern unter den Nägeln brannten.

Nach einem kurzen Überblick zu seiner spannenden Vita und seinen vielfältigen Aufgaben als Diplomat der amerikanischen Regierung widmete sich Rankin dann ganz konkret den einzelnen Themenfeldern, die sich aus den zahlreichen vorher eingereichten Fragen der Q11-Englischkurse ergeben hatten. 

Dementsprechend ging Rankin zunächst auf den Krieg in der Ukraine aus Sicht der US-amerikanischen Regierung und der Bevölkerung ein. Er lobte das umsichtige Vorgehen der Biden Regierung, die alles täte, um den Konflikt nicht eskalieren zu lassen, gleichzeitig aber auch über Parteigrenzen hinweg die richtigen Maßnahmen treffe, wie zum Beispiel die Unterstützung der Ukraine mit Waffenlieferungen. Er berichtete zudem, dass das Thema in der breiten Bevölkerung aufgrund anderer drängender innenpolitischer Themen und der geographischen Distanz immer mehr an Bedeutung verlöre, je länger der Krieg dauere. Er könnte die besorgten Schülerinnen und Schüler aber dahingehend beruhigen, dass aus seiner Sicht eine Eskalation zum nuklearen Konflikt von Seiten der USA sehr unwahrscheinlich sei. 

Vortrag Rankin 722   2Bezüglich der transatlantischen Partnerschaft mit Europa und Deutschland konnte der ehemalige Diplomat die Einschätzung der Schülerinnen und Schüler bestätigen, dass sich im Vergleich zu Donald Trump das Verhältnis wieder deutlich verbessert habe, was nicht zuletzt aber auch am Ukraine-Konflikt läge. Nichtsdestotrotz habe Trump immer noch einen enormen Einfluss bei den Republikanern und die Wahrscheinlichkeit sei sehr groß, dass er in zwei Jahren wieder zur Wahl antreten werde. Zwar gäbe es mit DeSantis und einigen anderen Gouverneuren der großen und damit einflussreichen US Bundesstaaten durchaus Alternativen in der Republican Party. Ob diese allerdings eine bessere Wahl wären, sei aus Sicht Rankins dahingestellt. 

Eine direkte Folge des Krieges ist die aktuell sehr hohe Inflationsrate. Auch die USA kämpfen im Moment mit einer Preissteigerungsrate von 8-9%. Rankin erläuterte, dass hier die Möglichkeiten der Regierung und der amerikanischen Notenbank FED aufgrund der aktuellen volkswirtschaftlichen Lage begrenzt seien („there is really not much that can be done about it.“)

Ein großes Thema der Jugendlichen in Europa ist die Klimakrise und „Fridays For Future“. Rankin bestätigte, dass dies auch mit die wichtigste Frage für die US-Regierung sei, aber auch „the least pressing one, you can always push it to the future“. Er lobt die zukunftsorientierte Sichtweise von Joe Biden, stellte aber auch klar, dass es im Moment leider wichtigere und unmittelbarere Probleme gäbe. Zwar würden sich auch Teenager in den USA für Klimafragen interessieren und engagieren, allerdings sei diese Bewegung zu keiner Zeit so bedeutend wie in Europa gewesen und würde sich mittlerweile stark abflachen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Trump aufgrund seiner Verwicklungen am Sturm das Capitols im Nachgang der Wahl angeklagt werde, sei aus seiner Sicht relativ unwahrscheinlich („it’s no air-tight case“).

Vortrag Rankin 722   3Bidens bisheriger Amtszeit steht Ranking positiv gegenüber. Er sei zwar weder ein TV-Star noch ein brillanter Redner, aber er sei „a decent person“, jemand der das Herz am rechten Fleck habe und der sich durch effektives Handeln in den aktuellen Krisen auszeichnen würde. Genau diese Krisen könnten ihm aber noch zum Verhängnis werden, genauso wie sein fortgeschrittenes Alter (79) offensichtlich nicht für eine weitere Amtszeit spreche. Jedoch gäbe es aktuell in der Democratic Party keine wirkliche Alternative. Auch die Tatsache, dass die Partei Bidens nicht mehr wirklich die Partei der Arbeiterklasse sei und sich zur Partei einer „wealthy elite“ hin entwickle, könne bei den anstehenden Wahlen zum großen Problem werden. Eine Niederlage in den midterm elections könne Biden extrem blockieren und die Handlungsfähigkeit der Regierung stark einschränken.

Abschließend ging Rankin noch auf die aktuellen Themen „Black Lives Matter“, „Gun Violence“ und „Abortion“ ein. Anhand dieser Themenfelder könne man sehr gut die Zerrissenheit der amerikanischen Gesellschaft erkennen. Der Referent gab zu Bedenken, dass Probleme wie Segregation, Rassismus und Abtreibung sehr viel differenzierter gesehen werden müssten als sie oft in den Medien dargestellt werden würden. 

Rankin schilderte die historischen Gründe für die Waffenliebe der 350 Millionen Amerikaner, die insgesamt 400 Millionen Waffen besäßen. Die USA seien in vielen Regionen immer noch ein „wild west place“ und je mehr Waffengewalt es gäbe, desto mehr Waffen würden verkauft werden. Größtes Problem wären die halb-automatischen Waffen. Eine grundsätzliche und tiefergreifende Änderung des Waffenrechts halte er aber leider aufgrund der tiefen Verankerung des „right to bear arms“ in der Verfassung für illusorisch. 

Abschließend konnten die Schülerinnen und Schüler noch Detailfragen an den Experten stellen. Am Ende hatten alle viele spannende Eindrücke zur aktuellen Lage der USA erhalten und es gab wertvollen neuen Input zu den bereits im Unterricht angesprochenen Themen. 

OStR H.-J. Schmid

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